Die besengte Glückssau – Episode 04: Döner und Doria!

Die besengte Glückssau – Episode 04: Döner und Doria!

 

Frieda war stinksauer. Ohne Klee musste sie schleunigst ihres eigenen Glückes Schmied werden. Da half es wenig, dass der schisshasige Pinselschwinger Carl ihr flüsternd vorschlug, es doch ersatzweise mit Spitzwegerich zu versuchen. So ein untauglicher Schweinefrass.

 

Also stemmte sie entschlossen ihre Paarhufe in den aschebedeckten Boden, atmete tief durch und katapultierte sich mit der geballten Kraft zweier ausladender Hinterschinken vorwärts.

Kaum hatte Frieda den leidigen Lindwurm zum dritten Mal (!) passiert, als sich aus dessen Rachen ein jäher Rülpser Bahn brach. Nicht etwa der Standard-Brodem aus dem Sumpf zwischen äonenlang ungeputzten Zahnreihen. Nein, dies war ein tödlicher, sonnenheller Strahl, der in einer gewaltigen Lavawolke explodierte.

 

 

Völlig ausser Atem und mit leicht flatternden Flanken musste Frida den Schock erst einmal verarbeiten. Fast hätte es sie erwischt. Sie hatte auf die desaströse Mentalkapazität ihres überdies in die Jahre gekommenen, übergewichtigen Gegners gesetzt. Und ihn dabei völlig unterschätzt. Der Drache dachte überhaupt nicht nach. Dieser Flachwitz von Feuerspeier handelte unvorhersehbar. Allein aus dem Bauch heraus!

Wenigstens hatte sich noch ein Glücksrest vom zweiten Frühstück in ihrem Darmtrakt erhalten. Sie hatte überlebt. Zwar dampfend und leicht angekokelt. Aber das waren Äußerlichkeiten. Die Borsten würden nachwachsen. Dennoch: diese Art von rauchendem Roulette würde sie nicht lange durchhalten.

Glücklicherweise verfügte Frieda nicht nur über Fortunas Gaben, sondern auch über eine satte Portion Bauernschläue. Eine Regel lautete: Mit Speck fängt man Mäuse.
Doch womit fing man tonnenschwere, feuerspuckende Fledermäuse?
Als ihr der rettende Einfall kam, trotte sie sofort los.

 

 

Ein Quieken und Rumpeln erfüllte die Luft. Frieda rauschte wieder heran. Hinter ihr rollte und hüpfte ein unwiderstehlich gewürzter Fleischspiess. Vollgepumpt mit freudiger Erregung und Adrenalin, bremste dieser Fast-Food-Treibanker ihre Renngeschwindigkeit nur unwesentlich. Wie gut, dass sie sich noch an den osmanischen Gastronomen im übernächsten Dorf erinnert hatte. Von der abgelegenen Ruine aus eine halbe Weltreise. Dennoch lohnte sich der weiteste Weg zu diesem Osmaniac. Niemand machte einen besseren Döner. Wie lange war es her, dass sie zuletzt davon gekostet hatte? Ohne Reue, denn der kulinarische Meisterspiess enthielt niemals Schweinefleisch. Kannibalismus war für sie tabu. Alles andere egal. Schliesslich war sie Allesfresser. Fraglich blieb: Würde der Drache diesen Köder schlucken?

 

 

Der Lindwurm war doppelt perplex. War das, was sich in der seltsamen Flecktarnung näherte, etwa das vorwitzige Borstenvieh? Und was war dieser Erscheinung so dicht auf den Fersen? Was duftete so verführerisch nach Jungfrau mit Knoblauchfahne?
Hätte sein Wampenhirn nicht geschaltet und den Magensaft mit Hochdruck Richtung Zungenspitze gepumpt, wäre das merkwürdige Gespann ratzfatz an ihm vorbei gewesen. Jetzt gelang es ihm zumindest, mit einer kleinen Hitzewallung einige köstliche Aromen frei zu setzen. Seine Nüstern weiteten sich, um die Miasmen einzusaugen. Weltklasse. Wie er selbst.

 

 

Frieda frohlockte. Es könnte gelingen. Für einen Moment war sie von ihrer eigenen Genialität überwältig gewesen. Der Trick lag nicht darin, den Lindwurm einzukerkern, sondern ihn zu befreien! Wo ihr Schweinehirn auf Hochtouren mehrfach um die Ecke denken konnte, blieb dem depperten Drachen nur der Unterleib. Blanker, ungezielter Aktionismus. Wie sonst rang Egotrump engstirnig wie erfolglos mit seinen Fesseln, obwohl er über einen eingebauten Plasmaschneider verfügte? Einen Schmelzstrahl, für den massives Gold in der Butterliga spielte…

Den Döner hatte sie keineswegs als Ersatzsnack angeschleppt. Es galt, das Schuppenmonster zur personifizierten Weißglut zu bringen und diese auf die Kette zu fokussieren. Quasi im Vorübergehen. Dazu musste sie noch etwas extravagant Intrigantes streuen, das die Herkunft ihres Köders interkontinental verschleierte. Spätere Generationen würden solches als „Fake News“ bezeichnen. Frieda dagegen war ein derbsprachiges Kid ihrer Zeit. Ihr reichte die Aussicht, den rotgeschuppten Kotzbrocken nach Strich und Faden zu verar…

 

 

Nach der zehnten kühnen Passage hatte Frieda von der Unfähigkeit des Untiers und der Ergebnislosigkeit dieses kräftezehrenden Fackellaufs die Schnauze voll. Weissgluts Bauchentscheidungen folgten keinerlei zeitlichem Schema. Wie sollte es ihr gelingen den einschneidenden Plasmarülpser zu provozieren? Ohne selbst gegrillt zu werden, bis die Schwarte kracht?

Sie hoffte auf ein Quentchen Restglück – und blieb stehen. Der duftende Dönerspiess stoppte genau vor Weissgluts abdominalem Entscheidungszentrum.
Das Unglaubliche geschah. Bevor Frieda auch nur „Oink sagen konnte öffnete der Drache seinen Schlund. Der allesversengende Strahl spritzte augenblicklich hervor und die Lavawolke schlug über dem Würzfleisch zusammen, bevor der Donner des Rülpsers ihre Spitzohren erreichte.

Weissglut wurde von einem überirdischen Hochgefühl geschüttelt. Die blähende Luft im Bauch war weg. Das Wild persönlich erlegt und auf den Punkt gebraten. In einer einzigen Bewegung. Niemand konnte ihm, dem Nimrod der Haute Cuisine, das Wasser reichen. Er verspürte den Drang, seine Ruhmestat in alle Welt hinauszuzwitschern, ach was, zu hinauszuposaunen, bis es alle Spatzen von den Dächern pfeifen würden. Wie immer gab er diesem Drang widerstandslos nach.

 

 

Rhytmisch schnaufend hielt Frieda inne. In einem letzten Kraftakt hatte sie sich ausserhalb der Reichweite weiterer Feuerbälle in Sicherheit gebracht. Für den Moment. Ihr Feuerzauber hatte funktioniert. Der Döner brutzelte angebrannt. Die Kette lag dahinter. Ausser Sicht. Mit Grauen blickte sie auf die Schleppleine. Durchgeschmort. Ein verirrter Lavaspritzer hatte sie zielsicher erwischt. Fortuna hatte geküsst. Aber wen?

 

 

Weißglut konnte seinen Erfolg kaum fassen. Seine eigene Genialität verblüffte ihn. Immer wieder. Das sprichwörtliche „Glück“ hatte er schon vor Ewigkeiten aus seinem Wortschatz gestrichen. Aus PR-Gründen. Er war makellos. Ein Universal-Titan. Sein Image des unfehlbaren, knallharten Selfmade-Herrschers vertrug nicht den kleinsten Anflug von Zufälligkeiten. Er zweifelte niemals an sich. Warum sollten es dann andere?

Endlich, endlich war sein Drachentag gekommen. Er war zum Bersten angefüllt mit Wut und Zorn. Drachentag ist Rachetag. Die Welt lag ihm zu Füßen, war ihm und seinen düstersten Gelüsten ausgeliefert. Er hatte die Ketten gesprengt. Er war frei.

(Fortsetzung folgt.)

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